Im Gespräch: "DFA arbeitet EU-Projekten durch Know-how und Erfahrung zu"
Artikel aus Newsletter Ausgabe 9, April 2011
Seit ihrer Gründung vor mehr als 20 Jahren tritt die Deutsche Fahrlehrer-Akademie e.V. (DFA) aktiv für internationalen Austausch auf den Gebieten der Fahrausbildung und des Prüfungswesens ein. Über TAIEX hat die Europäische Kommission die DFA Ende letzten Jahres gebeten, eine hochrangige türkische Regierungsdelegation für Beratungsgespräche zu empfangen. Die Redaktion des Wegweisers (Ww) sprach darüber mit dem Präsidenten der DFA, Professor Dr.-Ing. Klaus Langwieder.
Ww: Herr Professor Langwieder, was verbirgt sich hinter TAIEX?
Langwieder: TAIEX ist das Akronym für „Technical Assistance and Information Exchange“, zu Deutsch etwa „Institution für Informationsaustausch und technische Unterstützung“. Es handelt sich dabei um ein Instrument der EU-Generaldirektion für die Erweiterung der Europäischen Union. TAIEX unterstützt beitrittswillige Länder z.B. bei der Übernahme und Umsetzung von EU-Recht in die nationale Gesetzgebung. Des Weiteren bietet TAIEX vielerlei technische Unterstützung und tritt mithilfe von staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen der EU-Mitgliedsstaaten beratend auf.
Ww: Worum ging es beim Besuch der türkischen Delegation?
Langwieder: Unsere Besucher, Frau Ayse Guler Eryasar vom Erziehungsministerium der Türkei und Herr Huseyin Simsek vom Innenministerium wollten sich über die Strukturen der Fahrausbildung und -prüfung in Deutschland erkundigen. Anlass war die Absicht der Türkei, Ausbildung und Prüfung der Fahrerlaubnisbewerber in absehbarer Zeit grundlegend zu reformieren und vor allem auch ein EU-kompatibles System der Ausbildung von Berufskraftfahrern zu schaffen.
Ww: Wie kam es zu der Begegnung?
Langwieder: TAIEX war mit der Bitte an die DFA herangetreten, hier konsultativ tätig zu werden. Wir sind dem Ansuchen gerne nachgekommen. Es ist ja weithin bekannt, dass Deutschland dank langer Erfahrung und stetiger Weiterentwicklung von Ausbildung und Prüfung hohe Standards gesetzt hat.
Ww: Export deutscher Überlegenheit?
Langwieder: Nein, wir maßen uns das keinesfalls an. Doch die DFA hat als wissenschaftliches Forschungs- und Entwicklungsinstitut der deutschen Fahrlehrerschaft tatsächlich viel zu bieten. Transfer von Know-how und Erfahrungsaustausch sind originäre Aufgaben der DFA. Was die Verkehrssicherheit betrifft – und darum geht es bei der Ausbildung, Prüfung und Weiterbildung von Fahrnovizen nun einmal –, kann der internationale Austausch von Wissen und Erkenntnissen einen beachtlichen Beitrag zur Unfallprävention leisten. Das gilt besonders für Länder mit geradezu stürmisch wachsendem Straßenverkehr. Die Türkei gehört dazu – seriösen Hochrechnungen zufolge wird der Kraftfahrzeugbestand dort in dieser Dekade um jährlich sieben Prozent wachsen.
Ww: Welche Fragen standen im Mittelpunkt?
Langwieder: Die Türkei muss sich bei der Zusammenarbeit mit der EU in mancherlei Hinsicht neu organisieren. Das bedeutet auch, dass die EG-Führerscheinrichtlinie dort eines Tages Geltung haben soll. Im Mittelpunkt standen deshalb die wesentlichen Etappen des Führerscheinerwerbs einschließlich des Berufskraftfahrerabschlusses. Dabei blieb von der administrativen Behandlung des Antrags über die Inhalte der Ausbildung bis hin zu den entsprechenden Prüfungen nichts unberührt. Für die Fahrerlaubnisprüfung besteht in der Türkei erheblicher rechtlicher und organisatorischer Nachholbedarf, denn eine praktische Prüfung findet bis dato nicht statt.
Ww: Wie sieht es mit der Fahrausbildung aus?
Langwieder: Ein wesentlicher Anstoß für den Besuch der türkischen Gäste ging von der DFA-Publikation „Fahrausbildung in Deutschland“ aus, die wohl über einen EU-Kanal in das türkische Erziehungsministerium gelangt und von Frau Eryasar übersetzt worden war. Allein daraus ist zu erkennen, dass in der Türkei großes Interesse an einer zeitgemäßen, rechtlich und inhaltlich strukturierten Fahrausbildung besteht. Das Gleiche gilt für die Fahrlehrerausbildung und die Berufskraftfahrerausbildung. Die Türkei als ein aufstrebendes Industrieland will im Übrigen auch institutionell rasch aufholen.
Ww: Was heißt das?
Langwieder: Während der dreitägigen Konsultation zeigten die Besucher auch reges Interesse am Konzept und an der Arbeit der DFA. Ebenso für die Standesorganisation der Fahrlehrer, wie sie in Deutschland durch die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände und deren Landesverbände besteht. Hier ist nicht der Platz, die Begegnung en détail wiederzugeben. Zusammenfassend aber ist zu sagen: Wir waren – damit meine ich die Herren Gerhard von Bressensdorf, Peter Tschöpe und mich selbst – von dem weiten Bogen des Interesses unserer Gäste und der Offenheit, mit der sie uns begegneten und ihre Probleme darlegten, sehr beeindruckt. Ich denke, der DFA ist es gelungen, ihnen wertvolle Anregungen für die Entwicklung eines den EU-Anforderungen entsprechenden Fahrausbildungs- und -prüfungswesens zu vermitteln. Gerne bleiben wir dafür auch künftig in engem Kontakt.
Ww: Herr Professor Langwieder, vielen Dank für das Gespräch.