"Vision Zero - keiner kommt um, alle kommen an": Sichere Mobilität für Fahranfänger
Artikel aus Newsletter Ausgabe 7, April 2010
Bild: Dr. Walter Eichendorf
Der Schutz des menschlichen Lebens steht heute wie vor 40 Jahren im Vordergrund der Aktivitäten des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) und seiner Mitglieder. Eine Daueraufgabe, auch wenn die Verkehrssicherheitsarbeit in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten große Fortschritte erzielt und beachtliche Erfolge errungen hat. Hatten wir 1970 mit 21.300 Getöteten im Straßenverkehr einen traurigen Höhepunkt erreicht, liegt diese Zahl nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes für 2009 bei 4.160.
Das sind im Durchschnitt elf Menschen, die Tag für Tag auf unseren Straßen ihr Leben verlieren, und mehr als 1.000, die verletzt werden. Auch wenn dies für 2009 einen Rückgang der Getötetenzahlen um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet, sind diese Zahlen nach wie vor inakzeptabel.
Vision Zero für eine sichere Zukunft
Seit über zwei Jahren ist die Sicherheitsphilosophie "Vision Zero – keiner kommt um, alle kommen an" die Basis für die Arbeit des DVR und seiner Mitglieder. Kern der Philosophie ist ein sicheres Verkehrssystem und die Einsicht, dass der Mensch als Teil dieses Systems nicht fehlerfrei agiert. Ziel von "Vision Zero" ist es, die Mobilität lebenswert zu sichern und unfallfrei zu gestalten und dadurch das Sicherheitsbedürfnis der Menschen zu befriedigen. Bei Zielkonflikten gibt "Vision Zero" die Richtung klar vor: im Zweifel für die Verkehrssicherheit.
Aufbauend auf der bisherigen Arbeit in den Bereichen Mensch, Technik und Straße nehmen wir die Herausforderung an, die Zahl der Verkehrsopfer weiterhin deutlich senken zu wollen.
Schwerpunkte sind Fragen der Verkehrserziehung und -aufklärung, der Fahrzeug- und Verkehrstechnik, des Verkehrsrechts, der Verkehrsmedizin und der -überwachung. Der DVR koordiniert die vielfältigen Aktivitäten seiner rund 220 Mitglieder, entwickelt Programme und passt diese kontinuierlich neuen Anforderungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen an. Eine zentrale Aufgabe ist es, die Bemühungen aller beteiligten Stellen zu einem gemeinsamen und wirksamen Handeln zu bündeln.
Fahranfänger besonders gefährdet
Bei den Fahranfängern, die eine besonders gefährdete Verkehrsteilnehmergruppe sind, stehen Verkehrserziehung und -aufklärung sowie eine sehr gute Fahrausbildung im Vordergrund.
ie jungen Fahrer im Alter von 18 bis 24 Jahren stellen nach wie vor die Hochrisikogruppe im Straßenverkehr dar. Obwohl ihr Bevölkerungsanteil nur bei rund acht Prozent liegt, gehören leider 22 Prozent der im Straßenverkehr Getöteten zu dieser Altersgruppe. Im Jahr 2008 waren es 887 junge Erwachsene, die ihr Leben auf unseren Straßen verloren haben.
Neben einer qualitativ hochwertigen Fahrausbildung muss mit Blick auf eine fortdauernde sichere Mobilität für Fahranfänger die Entwicklung eines umfassenden Konzepts zur Ausbildung und Betreuung der Fahranfänger im Vordergrund stehen. Mehrphasiges Lernen in der gefährlichsten Zeit der Fahrerkarriere soll zur Unfallreduktion führen. Hierzu gehören eine kontinuierliche Forschung zur Mobilität junger Fahrerinnen und Fahrer, die Qualitätssicherung und regelmäßige Aktualisierung der Inhalte der Basisausbildung sowie die Förderung von Konzepten, die ein selbstständiges Lernen unter risikoärmeren Bedingungen zulassen wie zum Beispiel das Erfolgsmodell „Begleitetes Fahren mit 17“.
Darüber hinaus müssen geeignete Elemente zur Senkung des Unfallrisikos nach dem Fahrerlaubniserwerb erprobt, evaluiert und optimiert werden. Das gilt zum Beispiel für das seit dem 1. August 2007 geltende absolute Alkoholverbot für Fahranfänger, die Länge der Probezeit oder die Kennzeichnung der Fahrzeuge von Führerscheinneulingen.
Es ist wichtig, Angebote zu schaffen oder auszubauen, die ein Feedback in den ersten Jahren des selbstständigen Fahrens sicherstellen. Die obligatorische Einführung eines Mehrphasenmodells wäre hier hilfreich.
Aber das allein reicht nicht. Der einzelne Verkehrsteilnehmer muss sich unabhängig von Alter und Fahrerfahrung über die Risiken bewusst sein, die er durch sein Handeln für sich und andere erzeugt.
Ich bin sicher, dass wir mit den genannten Maßnahmen für Fahranfänger weitere Fortschritte im Sinne der "Vision Zero" machen werden. Selbstverständlich kann dies nur im Zusammenspiel mit dem Know-how und dem Engagement der Fahrlehrerschaft, insbesondere der Deutschen Fahrlehrer-Akademie, zu einem erfolgreichen Ergebnis führen. Die Fortsetzung und Vertiefung dieser guten und konstruktiven Zusammenarbeit ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit!
Dr. Walter Eichendorf
Präsident
Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
Motorisierte Mobilität auf zwei Rädern
Artikel aus Newsletter Ausgabe 7, April 2010
Bild: Rainer Brendicke
Motorrad- und Rollerfahren ist eine emotionale und erlebnisorientierte Art der Fortbewegung. Dennoch ist das motorisierte Zweirad längst auch Bestandteil des alltäglichen Verkehrsgeschehens. Ob im urbanen Individualverkehr oder für Pendler in strukturschwachen Regionen, ganz besonders aber in den hoch verdichteten Verkehrsräumen der Metropolen dieser Welt ist das motorisierte Zweirad unverzichtbar, denn es steht als Lösung für eines der wichtigsten Themen der Zukunft: Mobilität! Motorisierte Mobilität auf zwei Rädern hat Vorteile gegenüber allen anderen Mobilitätskonzepten. Sie ist individuell, zeigt äußerste Effizienz im Verkehrs- und Parkraum und besticht durch hohe Wirtschaftlichkeit in Anschaffung und Unterhalt. Motorisierte Mobilität auf zwei Rädern ist volkswirtschaftliche Mikroökonomie pur.
Individuelle Mobilität bleibt unverzichtbar
Die heutige Gesellschaft fordert vom Bürger ein hohes Maß an Bereitschaft zur Mobilität. Eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur ist von maßgeblicher Bedeutung für eine Volkswirtschaft, die auch im internationalen Vergleich bestehen will. Individuelle Mobilität ist daher nahezu so unverzichtbar wie die Arbeits- und Ausbildungsplätze selbst. Es geht schließlich um die flächendeckend gute Erreichbarkeit von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen, von Universitäten und Schulen, aber auch immer mehr um kleinteilige Zustell-Logistik und serviceorientierten innerstädtischen Handel. Gerade hier, im mikroökonomischen Bereich der Wirtschaft, auf dem Level der Klein- und Kleinstunternehmen und unter dem Druck höchster Wirtschaftlichkeit, kann das Transportkonzept Motorroller in seinen vielen baulichen Ausprägungen das Geschäft deutlich beflügeln.
Großstadtmobilität auf zwei Rädern
Ressourcenschonende Herstellung, wenig Platzbedarf im ruhenden und fließenden Verkehr, geringer Verbrauch und gleichzeitig hohe Flexibilität machen das motorisierte Zweirad zu einer Art der Verkehrsteilnahme, die die Anforderungen unserer Gesellschaft in geradezu idealer Weise erfüllt. Und natürlich macht Großstadtmobilität auf zwei Rädern auch Spaß - insbesondere, wenn der Frühling naht. Denn wer sich zur Rush-Hour mit dem Auto durch die Stadt quälen muss, ist mehrfach gestraft. Erst steht man im Stau, dann ist kein Parkplatz zu finden, der Spritverbrauch im Stop-and-Go-Verkehr ist ernüchternd, und die Parkgebühren bringen das Fass zum Überlaufen.
Der Roller ist keine Modeerscheinung – sondern Mobilitätskonzept
Angesichts der voraussichtlich weiter steigenden Benzinpreise kann davon ausgegangen werden, dass die Zulassungszahlen sich positiv entwickeln. Der Trend zum motorisierten Zweirad, insbesondere zum Roller, ist keine vorübergehende Modeerscheinung – der Motorroller ist zur Alternative des Autos geworden, weil er Mobilitätspro bleme an der Basis löst, beim Verbraucher. Motorroller sind eine Alternative zum Zweitwagen. Und der Roller ist grün – nicht nur mit Elektroantrieb – eben weil er Ressourcensparer ist in Produktion, Anschaffung, Verbrauch, Emission, Parkraum und Verkehrsraum. Ein Leichtkraftrad oder -roller vor der Tür ist ein Konjunktur-Beschleuniger für Familien, Kleinunternehmer und Volkswirtschaften. Wie dringend kostengünstige Mobilität benötigt wird, zeigt sich in wirtschaftlich angespannten Zeiten. Mit dem Anziehen der Energiepreise und dem subjektiv unsicher erscheinenden Arbeitsmarkt als Wirkung der weltweiten Wirtschaftskrise steigt das Interesse an Leicht-, Kleinkrafträdern und -rollern an.
Chinas Wirtschaft pulsiert durch motorisierte Zweiräder
In vielen Volkswirtschaften der Erde, insbesondere im asiatischen Raum, aber auch im europäischen Mittelmeerraum haben sich motorisierte Zweiräder in der individuellen Personenbeförderung, in der Zustellungslogistik, aber auch schlicht als „moderne Packesel“ durchgesetzt. Für 1,2 Milliarden Chinesen ist der Motorroller längst zum günstigsten und effizientesten Volksbeschleuniger Nr. 1 geworden. Ohne das so einfache Mobilitätskonzept motorisiertes Zweirad wäre die größte Volkswirtschaft der Erde längst zum Stillstand verdammt.
E-Rider
Die Mobilität der Zukunft wird auch elektrisch sein, noch ist jedoch die Kapazität der Batteriesysteme ein Problem im Alltagsgebrauch. Elektromotorräder und Roller sind bei der Umsetzung gewichtsbedingt im Vorteil, nicht zuletzt durch kleinere Batteriesysteme, sodass die Fortschritte im zweirädrigen Segment rascher zu erwarten sind, gerade, wenn die Politik diese Entwicklungen stützt.
Die zukünftige Bedeutung der Elektro-Mobilität zeigt auch die Weltleitmesse für Motorräder und Roller, die INTERMOT Köln, 6. bis 10. Oktober 2010, wenn unter dem Titel „eMotion“ einer der Schwerpunkte bei innovativen Zukunftskonzepten liegen wird.
Moderne Medien und Theorieprüfung: Ausbildungsqualität durch Anleitung
Artikel aus Newsletter Ausgabe 7, April 2010
Jugendliche von heute sind in einer multimedialen Welt aufgewachsen, die ihren Nutzern immer mehr Informationsaustausch und Unterhaltung bietet und gleichzeitig immer weniger Kompetenzen abverlangt: Eine seriöse Qualitätskontrolle ist dringend geboten.
Jugendliche sind den Umgang mit technischen Hilfsmitteln gewohnt. Sie können mit den modernen Geräten intuitiv umgehen und machen kaum die Erfahrung, dass sie sich ein gewisses Know-how mühsam aneignen bzw. erarbeiten müssen. Wird das aber heute von ihnen verlangt, verlieren sie schnell die Lust daran und wenden ihre Aufmerksamkeit leichter erreichbaren Zielen zu. Der Weg dahin ist meist nicht weit, denn dieselben Geräte, auf denen z. B. anspruchsvolle Lernsoftware läuft, bieten daneben meist vielfältige Spiel- und Unterhaltungsmöglichkeiten – nur einen Klick weit entfernt.
Die Leichtigkeit des Lernens
Was zunächst in allgemeinen Bereichen stattgefunden hat, ist längst dabei, auch in spezialisierte Nischenmärkte vorzudringen: die vehemente Vermarktung von Tools, z. B. auf Computern, Mobiltelefonen und Spielkonsolen für alle Gebiete des Lebens. Der Fahrschulbereich ist da keine Ausnahme. Während anfangs mit Spritkosten- oder Bußgeldrechnern im Internet ein vergleichsweise harmloser Gratis-Service ohne Gewähr für Autofahrer angeboten wurde, geht die Tendenz heute zu konkreten Werbeversprechen für Fahrschüler, z. B. als kostenlose Vorbereitung auf die theoretische Fahrerlaubnisprüfung. Eine gewisse Beliebigkeit ist da vorprogrammiert.
Der Weg des geringsten Widerstandes
Die verlockenden Angebote zielen auf Fahrschüler, die mit möglichst wenig Aufwand die Prüfungsreife erwerben wollen. Oft treten die Anwendungen vordergründig als Gratisangebote auf, während die Betreiber im Hintergrund mit jedem Klick Werbetantiemen kassieren. Meist handelt es sich um die unkommentierte Abbildung der amtlichen Fragen. Pauken statt lernen ist die Devise, ohne die notwendige Verknüpfung des Prüfstoffs mit dem Unterricht! Der Anfangswiderstand ist auf jeden Fall geringer, die theoretische Grundlagenvermittlung fehlt!
Den Nutzen moderner Medien erkennen
Es geht nicht darum, die technische Entwicklung zu verteufeln. Das wäre unglaubwürdig und würde bei den jungen Leuten, die sich für das Lernen begeistern sollen, genau das Gegenteil erreichen! So viel ist klar: Der entscheidende Faktor ist der bewusste Umgang mit den Medien. Es gilt, moderne Technik sinnvoll einzusetzen, z. B. als Präsentationsmedien im Unterricht mit pädagogisch aufbereiteten und speziell für den Fahrschulunterricht konzipierten Programmen.
Das „Begleitete Lernen“ in der Fahrschule
Die Schülergruppe ist in Bezug auf Alter, Geschlecht, gesellschaftlichen Hintergrund und vorhandener Information über das zu lernende Thema nicht homogen. Wenn jetzt auch noch alle Teilnehmer ihren eigenen Theorie-Helfer einsetzen, droht die völlige Unübersichtlichkeit: Wie soll der Fahrlehrer erkennen, auf welchem Lernstand sich der jeweilige Schützling befindet? Kann er einer Applikation vertrauen, die dem Schüler suggeriert, er habe die Prüfung praktisch schon bestanden?
Hier werden Fahrlehrer zu verantwortlichen Begleitern: Sie müssen ihre Schüler an die Hand nehmen und den Rahmen vorgeben. Nur mit einem aufeinander abgestimmten Lehr- und Lernmittelsystem aus Vortragssystem, Lehrbuch und Übungs-CD sichern sie den Informationsfluss als gemeinsame Grundlage und können verantwortlich über die Prüfungsreife befinden.
Die Methode: Abwechslung mit System
Im sinnvollen Einsatz werden Theorieschüler nicht mit einem Programm allein gelassen: Statt sie nur dem Medium zu überlassen, muss das Lernen in ein systematisches, ganzheitliches Lernsystem eingebunden werden. Methodisch abwechslungsreicher und fundierter Qualitätsunterricht steht für eine nachhaltige Fahrschulausbildung, die sich auf das Verkehrsgeschehen positiv auswirkt. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bedarf es der professionellen Aufbereitung von Vorgaben des amtlichen Rahmenplans und der thematischen Sortierung des Prüfstoffs durch einen Fachverlag! – Nur so wird eine sinnvolle Vermittlung im Unterricht möglich. Parallel dazu kann der Schüler jeweils den Prüfstoff daheim im „Lernen nach Themen“ nachvollziehen bzw. abarbeiten, unterstützt von redaktionellen Kommentaren. Das intuitiv selbsterklärende Schülerprogramm auf DVD oder USB-Stick ist problemlos einsetzbar, die inhaltliche Korrektheit von einer Fachredaktion verbürgt. Intelligente Übungsstatistiken zeigen dem Fahrlehrer z.B. bei Vernetzung via Internet zeitnah die Stärken und Schwächen seiner Schüler.
Fazit: Mut zur Verantwortung
Wer seine Aufgabe als Lehrer ernst nimmt, muss seinen Schülern eine ernsthafte Vorbereitung zumuten. Im Zweifel hilft nur der ruhige Hinweis auf den soliden Erfolg einer Qualitätsausbildung statt schneller Downloads und den damit verbundenen kurzfristigen Erfolgen. Die Verpflichtung zu einer nachhaltigen Erwachsenenbildung im Dienste der allgemeinen Verkehrssicherheit bedeutet, innerhalb des kurzen Zeitfensters einer Fahrausbildung Verantwortung zu übernehmen! Verantwortung für junge Fahranfänger, die größte Unfallrisikogruppe im Straßenverkehr.
DEGENER Verlag GmbH, Hannover
Deutsche Fahrlehrer-Akademie e. V.: Rückblick auf die Anfänge und das Werden II
Artikel aus Newsletter Ausgabe 7, April 2010
Schon kurz nach der Gründung der Akademie im Mai 1990 konstituierte sich der Wissenschaftliche Beirat. Das Gremium, das seitdem ununterbrochen von Dipl.-Psych. Ass. jur. Wolfgang Preußer geleitet wird, setzte sich von Anfang an aus Experten der für das Fahrlehrerwesen maßgeblichen wissenschaftlichen Disziplinen sowie erfahrenen Praktikern zusammen.
Neben den im Newsletter 6 erwähnten Projekten bearbeiteten und prüften Vorstand und Beirat eine ganze Reihe von Impulsen und Vorschlägen, die teils auch von außen an die DFA herangetragen wurden. So fragte die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit mbH (GTZ) im Herbst 1991 bei der Akademie an, ob sie bereit wäre, an einem Projekt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in Uruguay und dabei speziell am Aufbau eines leistungsfähigen Fahrausbildungs- und Prüfungswesens mitzuarbeiten. Die Zusage fiel nicht leicht, zumal damit neben erheblichen Vorbereitungsarbeiten die mehrwöchige Entsendung eines Experten nach Uruguay verbunden war. Das Projekt wurde angenommen und im Frühjahr 1992 sehr erfolgreich ausgeführt. Ein weiteres Projekt galt dem Zugang Mobilitätsbehinderter zum Kraftfahrzeug. Hier sah die DFA enormen Informationsbedarf sowohl für die Behinderten selbst als auch für Fahrschulen, Erlaubnisbehörden, Prüforganisationen und Rehabilitierungseinrichtungen. Wie sich bald herausstellte, war dies ein in mehrfacher Hinsicht ehrgeiziges Unterfangen, für das zunächst geeignete Fachautoren gesucht werden mussten; auch die Finanzierung war keineswegs sichergestellt.
Auf der Mitgliederversammlung 1992 war das Verhältnis zur Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. ein stark diskutierter Punkt. Vorstand und Mitglieder bedauerten die auf Missverständnissen beruhenden Spannungen zwischen den beiden Organisationen, die einer Zusammenarbeit im Wege standen.
Karl-Rederer-Preis
Ein Highlight des Jahres 1992 war die Stiftung des Karl-Rederer-Preises für „Herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Verkehrspädagogik“ durch Frau Lilli Rederer, Ulm. Ihr verstorbener Mann, Karl Rederer, hatte sich nach dem 2. Weltkrieg um den Wiederaufbau des Fahrlehrwesens im heutigen Land Baden-Württemberg sehr verdient gemacht. 1950 Mitinitiator und Mitgründer des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V., diente Rederer dem Berufsstand der Fahrlehrer in wichtigen Positionen. Er hat sich zeitlebens für ein eigenständiges, pädagogisch geprägtes Berufsbild der Fahrlehrer eingesetzt. Der zu seinem Gedenken gestiftete Preis wird zusammen mit einer Urkunde und einer Medaille verliehen und ist dank einer generösen Spende von Frau Rederer mit einem ansehnlichen Betrag dotiert. Der Unfallforscher und heutige Präsident der DFA, Professor Dr.-Ing. Klaus Langwieder, wurde 1993 als Erster mit dem Karl-Rederer-Preis ausgezeichnet. In der Laudatio hieß es sinngemäß, Langwieder habe durch seine Forschungsergebnisse und deren verständliche Darstellung in hervorragender Weise zur Interpretation von Unfallursachen und somit zur Vertiefung und Intensivierung der Gefahrenlehre im Fahrschulunterricht beigetragen.
Ideenschmiede auf Hochtouren
Die finanziellen Möglichkeiten der DFA waren in den Anfangsjahren sehr bescheiden und sind auch heute, im 20. Jahr ihres Bestehens, keineswegs üppig. Trotzdem wurde ausgezeichnete Arbeit geleistet. Die Ideenschmiede lief sozusagen auf Hochtouren, doch einige wirklich bedeutsame Anregungen und Projektkonzepte mussten wegen Geldmangels verworfen oder zurückgestellt werden. Das Protokoll der Mitgliederversammlung 1994 enthält folgende, die seinerzeitige Lage erhellenden Sätze: „Unserer mehrfach geäußerten Bitte, die DFA in geeigneter Weise in die Bearbeitung dieses (von ihr angestoßenen – die Red.) Projekts einzubeziehen, wurde nicht entsprochen. Hier half auch nicht, dass das ‚Erstgeburtsrecht‘ bei der DFA und ihrem Wissenschaftlichen Beirat lag. Auf der einen Seite freut es uns, dass eine potente Stelle sich nun um das von uns früh erkannte Problem angenommen hat. Andererseits ist es aus unserer Sicht sehr bedauerlich, dass die DFA nicht einbezogen wurde.“ Aus diesem Protokoll geht auch hervor, dass man künftig mit Informationen über entwickelte Ideen und Konzepte etwas vorsichtiger umgehen werde.
Erste Publikationen
Unter dem Titel „Fahrausbildung in Deutschland“ erschien im Frühjahr 1994 die erste Publikation der DFA. Es handelte sich dabei um eine zusammenfassende Darstellung der rechtlichen und pädagogischen Entwicklung sowie den aktuellen Stand des Fahrausbildungs- und Prüfungswesens. Die dreisprachige Broschüre – deutsch, englisch, französisch – traf auf großes Interesse und wohlwollende Aufnahme, vor allem auch im europäischen Ausland und in den USA. Doch die DFA war mit diesem Projekt wieder einmal an ihre finanziellen Grenzen gestoßen. Ein Sponsor sollte helfen. Nach vergeblichem Anklopfen an diversen Türen erbarmte sich schließlich der Chef der Vertriebsabteilung eines namhaften Automobilherstellers mit den Worten: „Sie bringen mir die Rechnung, und ich zahle die Hälfte davon.“ Das war generös und rettete die Jahresbilanz vor einem Debet.
Als weitere Publikation nahm das Fachbuch „Mobilitätsbehinderte und Kraftfahrzeug“ allmählich Gestalt an. Ein Arbeitskreis aus Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirats und externen Experten erarbeitete die Struktur des Buches und sorgte sich um die einzelnen Beiträge. Das Buch erschien im November 1997 und gilt seitdem als das Standardwerk für Fragen des Zugangs Behinderter zum Automobil.
Gütesiegel für Lehrmittel
Unter den Fahrlehren gab es seit Langem eine spürbare Unzufriedenheit über die am Markt angebotenen Lehrmittel. In der Kritik standen besonders die Schülermedien. Das veranlasste die DFA Ende 1994, das Projekt „Gütesiegel für pädagogisch wertvolle Lehr-mittel im Fahrschulunterricht“ aufzulegen. Die unter Professor Gerd Sackmann, Stuttgart, arbeitenden Experten drangen tief in die Materie ein und legten schon bald ein fein kalibriertes Bewertungsraster vor, dessen Gültigkeit und Zuverlässigkeit bis zum Tage unbestritten ist. Leider wurde davon nur zögerlich Gebrauch gemacht. Gerade die in den letzten Jahren zunehmende Digitalisierung der Lernmittel sollte Grund genug sein, sich dieser Arbeit zu erinnern, um festzustellen, wie viel didaktische Nieten hier unterwegs sind.
Annäherung
1995 kam es zu der lang erwarteten Annäherung zwischen der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. (BVF) und der DFA. Noch waren nicht alle Rätsel gelöst und alle Differenzen beseitigt, jedoch brachte der im Frühjahr 1994 neu gewählte Vorsitzende der BVF, Gerhard von Bressensdorf, auf der Mitgliederversammlung 1995 die Bereitschaft zu vertrauensvoller Zusammenarbeit zum Ausdruck.
GLH
Fortsetzung Newsletter 8
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