Theoretische Fahrerlaubnisprüfung: Regionale Triumphe des Misserfolgs

Artikel aus Newsletter Ausgabe 6, November 2009

Gebhard L. HeilerBild: Gebhard L. Heiler

Ein Chart des Kraftfahrtbundesamtes für das Jahr 2008 lässt keinen Zweifel: Im Osten Deutschlands ist das Risiko, bei der theoretischen Fahrerlaubnisprüfung durchzufallen, um rund ein Drittel höher als in den westlichen Bundesländern.

Wenn das eine einmalige Erscheinung des Jahres 2008 wäre, könnte man es mit Bedauern zur Kenntnis nehmen und im Übrigen mit der Hoffnung auf rasche Besserung zur Tagesordnung übergehen. Aber so ist es nicht, die negativen Werte sind im Wesentlichen seit Jahren unverändert. Wer nach dem Warum fragt, bekommt unterschiedliche Antworten, von denen nicht alle unbedingt sachdienlich sind. So ist u. a. zu hören, die in den östlichen Bundesländern zuständige Prüforganisation mixe einen besonders scharfen Fragencocktail, in dem die für Normalbürger besonders schwer verständlichen Fragen überwögen. Dies ist eine nicht nur unwahre, sondern geradezu absurde Erklärung, denn längst hätten aufmerksame Fahrlehrer eine solche Manipulation erkannt und öffentlich gemacht. Deshalb sollte man diese Stammtischparole sofort vergessen. Auch in den Bereich der Psychologie und der Pädagogik weisende Erklärungen werden bemüht, so z. B. Prüfungsängstlichkeit und Lernprobleme der Fahrschüler. Nun ist aber sehr schwer zu verstehen, warum bei den Jugendlichen der östlichen Bundesländer diese Probleme weiter verbreitet sein sollen als bei denen in Hessen oder Nordrhein-Westfalen.

Es geht auch anders

Interessant ist hierbei besonders, dass es in den neuen Ländern nicht wenige Fahrschulen gibt, deren Prüfungsergebnisse in sehr positiver Weise vom statistischen Durchschnitt abweichen. Diese Fahrschulen haben es nicht etwa nur mit angehenden Einsteins aus Familien der Oberschicht, sondern mit einer gemischten Klientel unterschiedlicher sozialer Prägung zu tun. Es ist deshalb m. E. nicht länger verantwortbar, die eklatanten Zahlen des Misserfolgs hinzunehmen. Eine gründliche Untersuchung ist hier unerlässlich. Dabei sollten neben anderen möglichen defizitären Einwirkungen vor allem auch die Qualität der Fahrschulen und der Einfluss des Wettbewerbs unter die Lupe genommen werden.

Bei entsprechender Rigorosität kann Letzterer, das ist längst auch aus den alten Ländern bekannt, zur Vernachlässigung der bei der Ausbildung gebotenen Sorgfalt und der erforderlichen Erfolgskontrollen führen.

Der Osten ist wegen des dort herrschenden Überangebots an Fahrschulleistungen ein extremer Käufermarkt. Eine permanent höhere Durchfallquote könnte für Fahrschulen und Prüforganisation eine höhere Auslastung ihrer Kapazitäten und somit höhere Rendite bedeuten. Läge die Erklärung des Phänomens auch nur zu einem Bruchteil darin, wäre das schändlich und müsste im Interesse der Verbraucher und der Verkehrssicherheit dringend unterbunden werden. Wie auch immer, jedenfalls ist die Annahme, ein nicht geringer Teil der Fahrschüler gehe ungenügend vorbereitet in die Prüfung, nicht leicht von der Hand zu weisen. In diese Richtung weisen übrigens auch die fortgesetzt miserablen Zahlen der praktischen Prüfung.

Gebhard L. Heiler

 

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