Deutsche Fahrlehrer-Akademie e. V.: Ein Rückblick auf die Anfänge und das Werden
Artikel aus Newsletter Ausgabe 6, November 2009
Die Idee, die Deutsche Fahrlehrer-Akademie e.V. (DFA) zu gründen, entstand im Frühjahr 1989 beim monatlichen Jour fixe zweier Freunde. Nach ihrer Auffassung klaffte zwischen dem Berufsbild und den an die Fahrlehrer gestellten Anforderungen seit langem eine der Verkehrssicherheit abträgliche Lücke. Ihre Überlegungen führten zu dem Schluss, die Weiterentwicklung vom Anlernberuf eines technischen Instruktors zum anerkannten Verkehrspädagogen müsse nun endlich unter wissenschaftlicher Begleitung in Angriff genommen und vorangetrieben werden.
Nach ihrer Überzeugung war eine durchgreifende Verbesserung der Sicherheit junger Fahranfänger nur durch eine weit über die Vermittlung technischer Fähigkeiten hinausgehende Fahrausbildung zu erzielen. Das aber setzte nach ihren Erkenntnissen eine signifikante Anhebung des Berufsbildes des Fahrlehrers voraus. Zuvorderst sollten anspruchsvollere Zugangsvoraussetzungen, vor allem eine höherwertigere schulische Vorbildung der Bewerber ins Auge gefasst werden. Des Weiteren sollte der Ausbildungskanon nicht mehr techniklastig, sondern in den einzelnen Disziplinen angemessen gewichtet, vor allem aber pädagogisch geprägt sein. Ein Praktikum und eine adäquate Abschlussprüfung sollten die Schlusspunkte des etwa zwei Jahre umfassenden, nach Art einer Berufsakademie (College) gestalteten Ausbildungsganges bilden.
Think Tank
Die Vorstellungen der Initiatoren gingen freilich weit über die Reform des Berufbildes hinaus. Sie vertraten die Auffassung, der Berufsstand der Fahrlehrer, oft überzeichnet „Schule der Nation“ genannt, brauche in vielen der ihn berührenden Fragen zuverlässigen wissenschaftlichen Beistand. Bald war ein entsprechendes Rohkonzept erstellt, das später als Grundlage der Vereinssatzung diente. Dieses erste Papier – von den Verfassern Nonpaper genannt – muss überzeugend gewesen sein, denn damit gelang es, das Interesse namhafter Persönlichkeiten, Institutionen und Unternehmen für die Gründung und Anschubfinanzierung des Vereins zu gewinnen.
Gründung mit Theaterdonner
Am 16. Mai 1990 trafen sich in Stuttgart 13 Gleichgesinnte aus verschiedenen Teilen der Republik zur Gründung des Vereins. Als die Gründung bekannt wurde, rief das innerhalb und außerhalb des Berufsstandes einen gewissen Theaterdonner, teils auch harsche Ablehnung hervor. Vor allem konservative Kräfte innerhalb des Berufsstandes mutmaßten, der neue Verein wolle ausschließlich der Standesvertretung zustehende Vertretungskompetenzen an sich reißen; sie hatten die Idee eines wissenschaftlichen Forums, eines Think Tanks, einer Ideenschmiede im Dienste des Berufsstandes nicht verstanden oder nicht verstehen wollen. Auch außerhalb des Berufsstandes gab es Gegenkräfte, deren Beweggründe meist ebenfalls auf falschen Annahmen über die Intentionen des neuen Vereins beruhten, der sein Aktionsfeld „anspruchsvoll, man höre und staune, mit dem Wort ‚Deutsche’ markiert hat“ (O-Ton eines ministerialen Antipoden). Indes, die Gründungsmitglieder blieben gelassen, und der Vorstand – heute Präsidium – arbeitete unter der gleichermaßen progressiven wie umsichtigen Führung von Dr. jur. Rolf Gall hart und konsequent an der Gestaltung des Programms und der Inangriffnahme erster Projekte.
Analyse zur Fahrlehrerfortbildung
Im Oktober 1990 wurde der DFA die Gemeinnützigkeit zuerkannt. Das war der Startschuss für die Werbung von Kuratoriumsmitgliedern. Im selben Monat wurde für die Gremien des Vereins eine Geschäftsordnung erstellt. Im Winter 1990/91 trat die DFA mit einer differenzierten, sorgsam begründeten Analyse zur Fahrlehrerfortbildung hervor, die Aufsehen erregte. Darin wurde nachgewiesen, dass die Bereitschaft zur Fortbildung trotz des Anreizes, im Falle der Teilnahme von der Unterrichtsüberwachung befreit zu werden, erheblich nachgelassen hatte. Zugleich wurden mehrere Vorschläge zur Abhilfe unterbreitet. Die DFA favorisierte eine in Intervallen von drei Jahren zu absolvierende Pflichtfortbildung von 24 Stunden. Falls es aus politischen Gründen (andere sprachen nicht dagegen) bei der Freiwilligkeit bliebe, sollten für Fortbildungsunwillige häufigere und strengere Überwachungsmaßnahmen mit einem gewissen Lästigkeitswert eingeführt werden. In diesem Winter befasste sich der Wissenschaftliche Beirat auch mit Fragen der Fortbildung von Inhabern einer Fahrerlaubnis.
Der Zeit voraus
Eine Umfrage hatte ergeben, dass 1989 allein in Baden-Württemberg ca. 30.000 Frauen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis waren, jedoch seit Jahren oder gar Jahrzehnten nicht mehr hinter dem Lenkrad eines Autos gesessen hatten. Viele davon, hieß es da, wollten gerne ihre automobile Selbstständigkeit zurückgewinnen. Auch für Männer stelle sich, allerdings in zahlenmäßig wesentlich geringerem Umfang, dieses Problem. Einerseits stelle die Wiederaufnahme des Autofahrens ohne professionelle Anleitung eine Gefahr für die Verkehrssicherheit dar. Andererseits falle es diesen Leuten schwer, zur Auffrischung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten bei einer Fahrschule anzuklopfen, weil ihnen das wie ein beschämendes Nachsitzen vorkomme. Weil es aber auch für die Fahrschulen nicht ganz leicht sei, die wesentlichen Defizite im Einzelnen zu erkennen, empfahl der Wissenschaftliche Beirat, ein leicht handhabbares Testprogramm zu erarbeiten, das bei möglichst geringem Aufwand für die Probanden über deren fahrerisches Vermögen Aufschluss geben sollte. Allerdings musste die DFA nach gründlichen Vorarbeiten zur Kenntnis nehmen, dass sie mit diesem Projekt der Zeit voraus war. Die Fahrschulen zeigten geringes bis gar kein Interesse daran. GLH
Fortsetzung folgt im Newsletter Ausgabe 7
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