Fahrschulen im Wettbewerb: Betrachtungen über Qualität und Ausbildungspreise
Artikel aus Newsletter Ausgabe 5, April 2009
Bild: Peter Tschöpe
Übersteigt das Angebot die Nachfrage, wächst bei Unternehmern die Sorge, Marktanteile an die billigere Konkurrenz zu verlieren. Man zieht nach, um am Markt zu bleiben. So geraten Preise und Ertrag oftmals in eine verhängnisvolle Abwärtsspirale, an deren Ende die Insolvenz steht.
Der weitverbreitete und nicht minder hässliche Slogan „Geiz ist geil!“ scheint gerade auch vor den jungen Fahrschulkunden nicht Halt zu machen. Ist das der Grund, weshalb sich auch Fahrschulinhaber immer wieder auf den steil abwärts führenden Pfad des schieren Preiswettbewerbs begeben? Wie auch immer, die Erfahrung zeigt, dass harscher Preiskampf den Service und die Ausbildungsqualität signifikant mindert und à la longue die Kunden vergrätzt.
Diese einfachen Wahrheiten gehören zur Grundausstattung unternehmerischen Denkens. Doch nicht ganz selten scheint es bei Fahrschulinhabern daran zu hapern. Oft sind es fachlich ganz gute Leute, die aber betriebswirtschaftlich nicht klar sehen. Das mag zum Teil daher rühren, dass bis Ende 1998 ein Fahrlehrer ohne den Nachweis betriebswirtschaftlicher Kenntnisse eine Fahrschule gründen und führen durfte. Diese Altlast ist noch nicht abgetragen. Die mit Änderung des Fahrlehrergesetzes von 1998 endlich eingelöste Uralt-Forderung des Berufsstandes nach obligatorischer betriebswirtschaftlicher Unterrichtung der neu hinzukommenden Fahrschulunternehmer war halbherzig. Ein 70-Stunden-Kurs ohne abschließende Prüfung reicht zur Erlangung der für Fahrschulinhaber erforderlichen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse und einer entsprechenden ökonomischen Bewusstseinsbildung nicht aus. Häufig hört man, bei diesem Kurs ohne Abschlussprüfung genüge die körperliche Anwesenheit, um die erforderliche Teilnahmebescheinigung zu bekommen.
Den Fahrschulen ist die Aufgabe übertragen, künftige Kraftfahrer auf eine verantwortungsvolle, sicherheitsbetonte und umweltbewusste Teilnahme am Straßenverkehr vorzubereiten. Die Erwartungen der meisten Fahrschulkunden gehen – rein ideell betrachtet – in die gleiche Richtung. Im Widerspruch dazu steht die Realität, nach der bei vielen die möglichst unaufwändige, billige „Erringung“ des Führerscheins den eigentlich vorhandenen Wunsch nach gründlicher Ausbildung verdrängt. Die Fahrprüfung – so wichtig sie ist – hat den Nachteil einer „Momentaufnahme“, die im Wesentlichen auf das Erkennen groben Versagens, nicht aber auf die Bewertung profunden Könnens programmiert ist. Die gute Fahrschule kann sich aber nicht auf eine oberflächliche, in eine „Prüfungslotterie“ mündende Ausbildung einlassen. Sie muss vielmehr tiefgründig ausbilden und dennoch konkurrenzfähig bleiben. Das ist, zumal in wirtschaftlich kritischen Zeiten, ein nicht ganz leichter Spagat, aber – wie uns viele Beispiele zeigen – auch nicht unmöglich.
Doch wie geht das? Darauf gibt es nur eine Antwort: Gleichbleibend hohe Qualität; das schließt über Standard liegende Fachlichkeit, besten Service sowie freundliche, geduldige Kundenzuwendung ein. Wem es gelingt, sich damit von der nur auf den Preis fokussierten Konkurrenz abzusetzen, muss sich auch wegen so naiver Einwände wie „Richtiges Autofahren lernst Du doch erst in der Praxis“ keine Gedanken mehr machen. Niemand wird den im Allgemeinen mit zunehmender Fahrpraxis einhergehenden Reifeprozess bezweifeln wollen. Qualitätvolle Fahrausbildung richtet den Blick aber vor allem auf die Fähigkeit, selbstständige Erfahrung bei höchstmöglicher Sicherheit zu erlangen.
Oh je, schon wieder das Geld
Ja, zurück zum Geld. Nach der amtlichen Umsatzsteuerstatistik erzielte im Jahr 2007 ein knappes Viertel der deutschen Fahrschulen einen Jahresumsatz von weniger als 50.000 Euro. In solchen Fahrschulen sind höchst wahrscheinlich keine angestellten Mitarbeiter beschäftigt. Nimmt man den für diese Betriebsgröße relevanten Erfahrungswert durchschnittlicher Betriebskosten von ca. 55 Prozent des Umsatzes an, muss der Großteil dieser Fahrschulinhaber mit einem Jahreseinkommen von brutto um die 20.000 Euro auskommen. Davon müssen nicht nur die Lebenshaltungskosten, sondern auch die soziale Absicherung des Unternehmers und seiner Familie bestritten werden. Welche Ursachen führen zu so niedrigen Jahreseinkommen? Zu wenig Zuspruch? Mangelnde Arbeitsbereitschaft? Fehlender Fleiß? Falsche Kalkulation? Das ist im Einzelnen (noch) nicht untersucht. Langjährige aufmerksame Beobachtungen lassen jedoch darauf schließen, dass hier überwiegend unangemessen niedere Entgelte, oft sogar Dumpingpreise, im Spiel sind.
Geld als Anreiz für Leistung
Bei einer Umfrage quer durch die arbeitende Bevölkerung erklärten mehr als 90 Prozent der Befragten, ihre Leistungsbereitschaft werde durch eine angemessene Entlohnung deutlich gesteigert. Das dürfte auch auf die Mehrheit der Fahrlehrer zutreffen. „Wer“, wie es der frühere Vorsitzende eines Fahrlehrerverbandes vor 25 Jahren einmal ausdrückte, „Tag für Tag mit einem 25-Mark-Gesicht im Auto sitzt, hat es schwer, sich immer wieder zu besonders engagierter Arbeit zu motivieren“ (der Durchschnittspreis pro Pkw-Fahrstunde lag damals bei 35 DM).
Also doch der Ruf nach staatlicher Entgeltregelung? Das wäre ein falsches Signal. Eine staatliche Gebührenordnung würde das Dumping nicht verhindern, weil – wie wir aus den Erfahrungen anderer Berufe längst wissen – die staatlich diktierten Sätze zum einen nicht eingehalten und zum anderen die leistungsfähigen Fahrschulen benachteiligen würden. Ganz abgesehen davon, einem solchen staatlichen Eingriff müsste eine – sehr unwahrscheinliche – ordnungspolitische Drehung um 180° vorausgehen.
Qualität vs. Preis
In einer freien Wirtschaftsordnung muss man mit dem Preiswettbewerb leben. Das gilt – man mag es noch so sehr bedauern – auch für sicherheitsrelevante Dienstleistungen wie die Fahrausbildung. Für Experten aus der allgemeinen Wirtschaft liegt ein Zusammenhang zwischen Dumpingpreisen und mangelhafter Ausbildungsqualität nahe. Wenn das so ist, liegt darin für die leistungsfähige Fahrschule die große Chance, sich durch Qualität von den „Discountern“ abzusetzen. Was Ausbildungsqualität ist, wie man sie bemisst und implementiert, wissen wir heute. Die Deutsche Fahrlehrer-Akademie e.V. hat mit ihrem Qualitätsmanagement für Fahrschulen einen Meilenstein für eine durchgreifende Erhöhung der Ausbildungsqualität gesetzt. Jetzt kommt es darauf an, die Bedeutung qualitätvoller Fahrausbildung für die Sicherheit der Fahranfänger und somit für die Verkehrssicherheit insgesamt stärker als bisher im gesellschaftlichen Bewusstsein zu verankern. Dabei sollte man eigentlich auf bereitwillige Unterstützung des Gesetzgebers hoffen dürfen.
Peter Tschöpe
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Zur Person
Peter Tschöpe ist Vorsitzender des Fahrlehrerverbandes Baden-Württemberg e.V., Mitglied des Geschäftsführenden Vorstandes der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. und 1. Vizepräsident der Deutschen Fahrlehrer-Akademie e.V.