Fahrlehrer - Meisterberuf für sichere Mobilität

Artikel aus Newsletter Ausgabe 2, November 2007

Prof. Dr.-Ing. Klaus LangwiederBild: Prof. Dr.-Ing. Klaus Langwieder

Mobilität ist eine zentrale Grundlage unserer Gesellschaft, ohne Mobilität ist der Zugang zum Wirtschaftsleben und zur sozialen Kommunikation nicht möglich. Für den jungen Menschen ist der Schritt in die „große Welt der mobilen Freiheit“ durch den Erhalt der Fahrerlaubnis der Meilenstein von der eingrenzenden Abhängigkeit zu einer erheblich erweiterten Freizügigkeit und Eigengestaltung des Lebensraums.

Dies ist aber auch ein Schritt in eine neue Dimension der sozialen Verantwortung. Keine Technologie verlangt so viel vorausschauendes und partnerschaftliches Handeln in jeder Sekunde wie das Automobil; kein technisches Hilfsmittel bestraft eine Unachtsamkeit oder ein Fehlverhalten so hart wie das Automobil – das Risiko schwerer und tödlicher Verletzungen führt uns die Unfallstatistik immer wieder vor Augen. Die hohe Unfallbeteiligung der jungen Fahrer/innen und ihrer Mitfahrer ist dabei in Deutschland (rund 950 Unfalltote pro Jahr) ein zentrales Problem wie in allen Ländern.

Erziehung zu sozialer Verantwortung

Die Aufgabe des Fahrlehrers stellt höchste Ansprüche, die vielen in unserer Gesellschaft nach wie vor nicht bewusst sind. Sie erfordert nicht nur wie die Schulausbildung die Vermittlung von umfangreichem Fachwissen, sondern sie verlangt auch die Vermittlung und Erziehung zu sozialem Verantwortungsbewusstsein und partnerschaftlichem Verhalten. Neben der Schule ist die Zeit der Fahrausbildung die entsprechende Prägung des Sozialverhaltens und die letzte Intervention vor dem Eintritt in das selbstbestimmte Lebensumfeld.

Fahrlehrerausbildung: Umfangreicher interdisziplinärer Bildungsgang

Die Ausbildung des Fahrlehrers ist heute ein äußerst umfangreicher interdisziplinärer Bildungsgang. In dreizehn Monaten werden den Fahrlehreranwärtern in Deutschland Kompetenzen auf den Gebieten Recht, Verkehrspädagogik, Psychologie, Verkehrsverhalten und Technik vermittelt. Teil der Ausbildung ist ein 4½-monatiges Praktikum in einer Ausbildungsfahrschule, das der pädagogischen Abschlussprüfung vorausgeht. Das Prinzip des lebenslangen Lernens ist beim Fahrlehrerberuf längst Realität, die Weiterbildung ist exakt geregelt, ebenso die ständige Kontrolle der Qualität. Die Hierarchie der Darstellung beruflicher Qualifikationen gibt in Deutschland die hohen Anforderungen an den Fahrlehrerberuf nicht wieder, ganz zu schweigen vom übrigen Europa. Die Berufsbezeichnung „Fahrlehrer“ lässt nicht ohne weiteres erkennen, dass die Ausbildungsanforderungen denen des Handwerksmeisters oder Bachelors vergleichbar sind.

Keine Gleichstellung per Dekret

Die immer noch stark unterschiedlichen Anforderungen an die Fahrlehrerqualifikation in den Staaten der EU sind nicht mehr zeitgemäß. Solange aber Inhalte und Dauer der Ausbildung und auch die Prüfungsanforderungen signifikante Unterschiede – um nicht zu sagen Defizite – aufweisen, dürfen Fahrlehrer aus den anderen Ländern der EU nicht per Dekret den in Deutschland ausgebildeten Fahrlehrern gleichgestellt werden. Das EU-Projekt „MERIT“, an dem auch Vertreter der Deutschen Fahrlehrer-Akademie e.V. (DFA) und der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände e.V. (BVF) maßgeblich mitwirkten, hat für die Kommission konkrete Empfehlungen zur Harmonisierung der Fahrlehrerausbildung erarbeitet. Diese müssen nun umgehend umgesetzt werden, denn nur so kann eine den Erfordernissen der Verkehrssicherheit adäquate Ausbildung der Fahrlehrer und somit der Fahrschüler sichergestellt werden.

Ein Beispiel, das Schule machen muss

Die Europäische Kommission hat jüngst die Prüfung des deutschen Handwerksmeisters im europäischen Vergleich dem Fachhochschulabschluss gleichgestellt. Die hohe Ausbildungsqualität in Deutschland wurde damit anerkannt und in den fünf Stufen der europäischen Berufsqualifikation in die Ausbildungsstufe drei eingeordnet, die direkt unter den universitären Abschlüssen liegt.

Die Ausbildungsanforderungen der deutschen Fahrlehrer entsprechen voll den Anforderungen an den Meisterbrief anderer Berufsbilder. Die Eingangsqualifikationen werden im Berufsstand immer höher. Die DFA hat einen Berufseignungstest entwickelt und eingeführt, und die Fahrschulen werden in Zukunft einem QSS unterworfen, mit dem die Ausbildungsqualität ständig überprüft werden kann. Derartige Anforderungen gehen weit über das Ausbildungsprofil und die Anforderungen in anderen Berufszweigen hinaus. Denn beim Fahrlehrerberuf geht es neben dem technischen Fachwissen um soziale Kompetenz und die Hinführung der jungen Menschen zu verantwortungsvollem Mobilitätsverhalten - entscheidend für verringerte Unfallrisiken und erhöhtes Umweltbewusstsein. Es ist dringend zu fordern, dass – gerade auch im Hinblick auf die vergleichbaren europäischen Einstufungen – der Fahrlehrerberuf die ihm zustehende Anerkennung findet und auch hier ein „Meistertitel für Mobilitätserziehung“ geschaffen wird. Der hohe Ausbildungsstand der deutschen Fahrlehrer rechtfertigt die Einordnung in die Qualifikationsstufe drei. Die langjährigen Bemühungen des Fahrlehrerberufsstandes müssten so in Deutschland und auch in Europa die angemessene Anerkennung finden. Nur so kann der notwendige hohe Ausbildungsstandard erhalten und kontinuierlich verbessert werden.

Prof. Dr.-Ing. Klaus Langwieder

Zurück