Dr. Walter Weißmann: Automatikausbildung auf Pkw
Artikel aus Newsletter Ausgabe 17, April 2015
Bild: Dr. Walter Weißmann
Eine hochinteressante Zeit, in der wir leben. Die mit rasanter Digitalisierung einhergehende technische Entwicklung beeinflusst immer mehr Lebensbereiche und befreit uns dankenswerterweise von der lästigen manuellen Erledigung stetig wiederkehrender Aufgaben. Waschbrett und Schrubbbürste gehören längst der Vergangenheit an und den täglichen Abwasch übernimmt der Geschirrspüler. Rollläden schließen zur gewünschten Zeit, Markisen fahren von der Sonne gesteuert aus und ein.
Sensorisch-digitale „Magie“
Im Auto erkennt die Adaptive Cruise Control vorausfahrende Fahrzeuge und regelt selbstständig den Sicherheitsabstand. Das automatische Notbremssystem verhindert Kollisionen bei fehlender Reaktion des Fahrers. Scheibenwischer und Abblendlicht werden auf Wunsch des Fahrers bei Bedarf selbsttätig aktiviert. Und wenn wir wollen, schaltet das Fahrzeug sogar automatisch in den jeweils passenden Gang. Allerdings scheint sich das Schaltgetriebe im Lauf der Jahrzehnte einen festen Platz im kollektiven Bewusstsein der Deutschen als Markenzeichen des sportlich ambitionierten Autofahrers ergattert zu haben. Beigetragen hat dazu wohl auch, dass seit April 1986 die Fahrerlaubnis auf das Führen von Automatikfahrzeugen beschränkt wird, wenn die Prüfung auf einem solchen abgelegt wird. Damit ist seit Jahrzehnten festgeschrieben: Fahren können bedeutet letztlich vor allem schalten können.
Automatikgetriebe im Vormarsch
Doch immer stärker bahnt sich modernes Fahren auch in Form des automatisierten Schaltens seinen Weg. Den höchsten Anteil an Automatik-Pkw haben die Hersteller von Fahrzeugen der Premiumklasse zu verzeichnen. Mittlerweile liefert Mercedes-Benz mehr als drei Viertel aller Neuwagen mit Automatikgetriebe aus, Porsche sogar mehr als 80 Prozent. Allein von 2012 bis 2014 ist in Deutschland die Zahl der Fahrerinnen und Fahrer von Automatikfahrzeugen laut dem Online-Portal „Statista“ um mehr als 15 Prozent auf über sieben Millionen gewachsen. Mehr und mehr spricht es sich herum, dass „automatisch“ schalten längst nichts mehr mit Unvermögen oder Langeweile zu tun hat, sondern vielmehr Sicherheit, Komfort und Fahrgenuss bedeutet. Automatikfahrzeuge bahnen sich ihren Weg unaufhaltsam. Und dem Elektrofahrzeug soll aus ökologischen Gründen der Boden bereitet werden. Deshalb stellt sich zunehmend die Frage, ob es noch länger gerechtfertigt ist, dass die Getriebeautomatik als einziges Fahrerassistenzsystem in der Fahrerlaubnisprüfung nicht genutzt werden darf.
Leichteres Lernen fördern
Die DFA möchte mit ihrem Projekt „Automatikausbildung auf Pkw“ die Akzeptanz moderner Antriebskonzepte fördern und die Fahranfänger die Vorteile des Fahrens ohne Kupplung erleben lassen. Es ist ohnehin fraglich, ob Fahrschüler just zu Beginn der Ausbildung mit der Abstimmung von Gas und Kupplung gequält und mit Überlegungen zur Wahl des richtigen Ganges vom Verkehrsgeschehen abgelenkt werden müssen. Könnte der Lernprozess nicht viel effektiver gestaltet werden, wenn zunächst ohne die nicht ganz leicht zu bewältigende Zusatzaufgabe „Schalten“ die volle Aufmerksamkeit auf das Erlernen des Fahrens gerichtet wäre? Hierzu existieren noch keine wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse. Deshalb führt die DFA das Projekt „Automatikausbildung auf Pkw“ durch. Dabei lernen Fahrschüler das Fahren zunächst mit Automatik. Erst wenn die Prüfungsreife erreicht ist, wird das Fahren mit Schaltung geübt. Es soll damit erstmals in einem deutschlandweiten Projekt empirisch ermittelt werden, wie sich mit dieser Methode der Lernprozess verändert und wie viel Zeit für das Erlernen des Schaltens benötigt wird.
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Autor
Dipl.-Päd. Dr. phil. Walter Weißmann legte nach seinem erziehungswissenschaftlichen Studium in Regensburg und der Fahrlehrerausbildung in München 1976 die Fahrlehrerprüfung ab. Bis 2006 war er Inhaber einer Fahrschule in Eichstätt. Der Abschluss des Studiengangs „Diplom-Pädagogik“ erfolgte 1998 an der Kath. Universität Eichstätt. Seit 2000 ist Dr. Weißmann zusammen mit Prof. Dr. Margret Fell in der pädagogischen Weiterqualifizierung von Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern tätig. 2008 wurde Weißmann promoviert (Dissertation: „Der Fahrlehrerberuf als erwachsenenbildnerische Profession“). 1999 wurde er von den Mitgliedern des Landesverbandes Bayerischer Fahrlehrer e.V. zum Bezirksvorsitzenden Oberbayern und 2008 zum 1. Vorsitzenden gewählt. Seit 2014 ist Weißmann Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirates der DFA.