Franz Loogen: E-Mobilität - wo stehen wir heute? Herausforderung Elektromobilität - technologischer und gesellschaftlicher Wandel

Artikel aus Newsletter Ausgabe 10, November 2011

Franz LoogenBild: Franz Loogen

Klimawandel, Urbanisierung, Energiewende – wir stehen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten vor einer Vielzahl an elementaren Zukunftsaufgaben. Die Frage, wie wir Verkehr zukünftig organisieren, ist in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung. Elektromobilität – von Hybriden über Range-Extender-Konzepte bis hin zu batterieelektrischen Fahrzeugen und Brennstoffzellenantrieben – ist der Schlüssel zur Realisierung nachhaltiger, ressourcenschonender und möglichst emissionsfreier Mobilität.

Baden-Württemberg setzt auf Clusterbildung

Im Bereich der Elektromobilität richten sich die Anstrengungen in Baden-Württemberg vor allem auf die Realisierung vernetzter Mobilität auf der Basis regenerativer Energien. Die große Anzahl bereits laufender Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten gilt es, in den kommenden Jahren intensiv fortzusetzen. Dabei sind vor allem die Bereiche Batterie, Brennstoffzelle, Fahrzeuggestaltung, Einbindung von Fahrzeugen in elektrische Netze (Stichwort „Smart Grid“) sowie die Produktionstechnologie elektromobiler Komponenten in den Blick zu nehmen. 

Vernetzung von Forschung und Industrie

Um Forschung und Industrie gut miteinander zu vernetzen, hat sich in Baden-Württemberg der Industriecluster „Elektromobilität Süd-West: Road to global market“ gebildet. Ziel ist es, intelligente, kostengünstige und marktgerechte Mobilitätslösungen zu verwirklichen. Der Cluster nutzt die einmaligen Möglichkeiten der Region Karlsruhe – Mannheim – Stuttgart – Ulm und vernetzt renommierte große, mittlere und kleine Unternehmen aus den drei Technologiefeldern Fahrzeugbau, Energietechnik sowie Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) mit Forschungsinstituten vor Ort. Mittlerweile arbeiten im Rahmen des von e-mobil BW gemanagten Clusters rund 80 Partner zusammen.

Aus den Laboren in die Produktion

Gerade aufgrund der vielfältigen Forschungsaktivitäten ist der Wissensstand im Bereich der Elektromobilität schon heute sehr hoch. Jetzt müssen wir verstärkt aus den Laboren in die Produktion kommen und sukzessive das in der Forschung erarbeitete Know-how zur Anwendung bringen. Für das Auto-Land Baden-Württemberg bedeutet der Technologie- und Strukturwandel eine große Herausforderung. Hier wurde vor 125 Jahren das Automobil erfunden, und Baden-Württemberg hat den Anspruch, auch in Zukunft technologisch führender Anbieter intelligenter Mobilitätslösungen für Deutschland und den Weltmarkt zu sein. Die Geschwindigkeit der Marktdurchdringung von Fahrzeugen mit effizienteren Verbrennungsmotoren sowie mit neuen Antriebsformen (batterieelektrische Fahrzeuge, Brennstoffzellen-Fahrzeuge) ist entscheidend dafür, wie schnell – global gesehen – die CO2-Emission reduziert werden kann. Elektromobilität bietet neben seiner ökologischen Zielsetzung aber auch enorme ökonomische Chancen. Die vielen neuen Komponenten besitzen ein hohes Wertschöpfungspotenzial, sodass Baden-Württemberg optimale Chancen hat, auch zukünftig eine wichtige Produktionsregion für Hochtechnologiemodule von Verbrennungsfahrzeugen, Elektrofahrzeugen und vernetzter Mobilität zu sein.

Batteriekapazität und Reichweite

In den aktuellen Diskussionen um Elektromobilität geht es häufig um Fragen der Batteriekapazität sowie der Reichweite von Elektrofahrzeugen. Diese Diskussionen sind sicher nicht unbegründet, aber letztlich nicht allein zielführend. Sicher ist, dass strikte Energieeffizienz für alle Fahrzeugkomponenten – von der Innenraumtemperierung über die Telematik bis hin zur Kühlung der Batterie – ein wichtiger Teil der hoch komplexen Aufgabe ist, neue innovative Lösungen zu entwickeln, um den internationalen Wettbewerb mitgestalten zu können. Denn Reichweite und Fahrkomfort sind maßgebliche Kriterien für eine erfolgreiche Markteinführung von Elektrofahrzeugen. Gerade im Premiumbereich – für den die deutsche Automobilindustrie wie keine andere steht – dürfen bei der Klimatisierung des Fahrzeuginnenraums die in einem konventionellen Fahrzeug erreichten Standards nicht unterschritten werden.

Gesellschaftlicher Wandel

Aber es ist auch wichtig, über die rein technischen Veränderungen hinaus zu denken. Elektromobilität bedeutet weit mehr als nur einen Austausch von Antriebskomponenten. Mit dem Technologiewandel geht auch ein gesellschaftlicher Wandel einher. Viele Dinge, die wir im Zusammenhang mit Mobilität heute als selbstverständlich betrachten, werden sich verändern.

Intelligente Verkehrssysteme der Zukunft beinhalten neue, flexible und intermodale Nutzungsangebote (Kombination Straße, Schiene, Wasser, Luft). Und mit jedem Jahrgang junger Verkehrsteilnehmer wird die Akzeptanz neuer Mobilitätsformen (z.B. Carsharing) wachsen. Auch viele ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen müssen neu geregelt werden, von Verkehrsschildern über Parkraumgestaltung bis hin zu Vorschriften für Wartung und Service. 

E-Mobilität und Fahrausbildung

Die Elektrifizierung des Antriebs wird auch den Bereich der Fahrausbildung verändern. Das Elektrofahrzeug ist bedienungstechnisch einem Automatikfahrzeug vergleichbar und intuitiv bedienbar. Aspekte wie die optimale Nutzung der Rekuperation der Bremsenergie oder das fehlende Fahr- oder Motorengeräusch bedürfen aber ergänzender Schulung, um die Verkehrsteilnehmer optimal auf den energieeffizienten Verkehr vorzubereiten. Die Anforderungen an intelligente und umweltfreundliche Mobilitätslösungen werden insgesamt steigen. Baden-Württemberg ist als starker Wirtschafts- und exzellenter Forschungs- und Wissenschaftsstandort gut aufgestellt, um diesen Herausforderungen mit überzeugenden Lösungen zu begegnen; sie werden den Erhalt von Lebensraum, ökonomische Interessen und neue Kundenwünsche gleichermaßen in Einklang bringen.

_____

Zur Person

Franz Loogen ist seit 1. Juni 2010 Geschäftsführer der e-mobil BW GmbH, der Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie (Zentrale Anlauf- und Beratungsstelle des Landes Baden-Württemberg für alle Belange rund um das Thema Elektromobilität). Der Maschinenbau-Ingenieur, der an der RWTH Aachen seinen Abschluss machte, bringt in seine Tätigkeit eine über zwanzigjährige Berufserfahrung in leitender Funktion in der Automobilindustrie ein. Seine beruflichen Stationen führten ihn entlang der gesamten Wertschöpfungskette – vom Daimler Werk Düsseldorf über die Leitung After Sales Technik Truck&Van bis hin zur Leitung des Gesamtfahrzeugversuchs bei MB Truck in Stuttgart. Den verheirateten Familienvater zweier Töchter motiviert an seiner Aufgabe, mit der Förderung neuer intelligenter (Elektro-)Mobilitätslösungen aktiv daran mitzuwirken, wirtschaftliche Entwicklung und Umweltschutz effizient und nachhaltig zu verbinden.

 

Zurück